Angst bei Hunden - oft unterschätzt
 
  Jedes Lebewesen verfügt über natürliche Schutzmechanismen. Das gilt auch für den Hund. Die Angst ist eines davon. Jedes Lebewesen hat diese Angstreaktionen. Erschreckt man sich, kommt es zu körperlichen Abläufen, die man weder unterdrücken noch kontrollieren kann. Diese Abläufe sorgen dann dafür, dass der Körper auf Flucht oder Angriff vorbereitet wird. Normalerweise bauen sich diese Erregungszustände bei einem „Fehlalarm" schnell wieder ab. Jeder Mensch kennt das Gefühl, wenn man in Gedanken ist und plötzlich von jemandem berührt oder angesprochen wird. Man schreckt zusammen, das Herz fängt an zu klopfen, dann die Erleichterung! Ach, Du bist es nur ...

Angst ist ein biologisch angelegtes Reaktionsmuster auf Wahrnehmung, Bewältigung und Vermeidung von Gefahren oder Bedrohungen. Angst löst eine Alarmreaktion im Körper des Hundes aus. Einige Hunde sind von Natur aus ängstlicher als andere, manche Hunde sind dafür mehr veranlagt. Angst ist aber auch etwas, das viele Hunde erlernen – typische Ängste und sogar Phobien sind solche, die mit Vorgängen wie körperlicher Bestrafung, Eingeschlossen-Sein, Gewitter und lauten Geräuschen in Zusammenhang stehen.

Als Besitzer eines angstkranken Hundes ist es daher umso wichtiger, die körperlichen Mechanismen bei Angst zu verstehen. Nur so gelingt es, der Angst des Hundes auf den Grund zu kommen, ihn zu verstehen und ihm zu helfen. Der angstkranke Hund schätzt Objekte, Geräusche oder Situationen anders ein, als ein gesunder Hund. Was eigentlich ungefährlich und harmlos ist, wird als gefährlich eingeschätzt. Aus diesen Fehleinschätzungen entsteht ein Kreislauf von Angst und Stress, aus dem der Hund ohne Hilfe nicht mehr herausfindet.        Die Stresshormone versetzen den Körper in eine dauerhafte Alarmstellung, die Konzentration der Stresshormone steigt. Normalerweise baut sich die Angstreaktion schnell wieder ab und die Stresshormone kommen wieder ins Gleichgewicht. Bei einem Angsthund ist das nicht der Fall.

Dabei können trainierte Verhaltensketten (zuverlässiges kommen, oder Sitz und Platz) unterdrückt werden, was dazu führt, dass der Hund bereits sicher Erlerntes einfach nicht abrufen kann . Dauerhafte Erregungszustände führen dazu, dass die Angstreaktionen heftiger und schneller erfolgen. Wichtig zu wissen, dass bei Freude oder Angst die gleichen Hormone (Adrenalin und Cortisol) ausgeschüttet werden! Der Körper macht auch keinen Unterschied zwischen Angst und Stress - es ist für ihn das gleiche. Man unterscheidet deshalb zwischen Eustress  (positiver Stress z. B.  Freude )  und Distress (negative Stress, z. B. Überlastung).

Nun gibt es viele Möglichkeiten, warum es Angsthunde gibt, wie z. B.  schlechte oder gar keinen Kontakt zu Menschen oder Artgenossen in der Sozialisierungsphase, weil er während der Sozialisierungsphase keinen Umweltreizen ausgesetzt war, reizarm gelebt hat (Zwingerhunde, Vermehrerhunde oder teilweise Tierschutzhunde aus dem Ausland),  er Situationen mit unangenehmen oder gar schlechten Erfahrungen verbindet, weil er Rückendeckung durch den Menschen vermisst, nur um einige Auslöser zu nennen. Manchmal kommt es auch vor, dass die Angststörung nicht die eigentliche Krankheit ist, sondern die Folge einer Erkrankung der Seele, des Nervensystems oder der Körperorgane. Es sollte daher VOR Beginn eines Trainings immer vom Tierarzt abgeklärt werden, ob nicht eine andere Erkrankung die Ursache für die Angststörung ist. Weiterhin sollte die Ernährung des Hundes überprüft werden, denn auch die spielt für das Wohlbefinden eine große Rolle und kann auch für diverse Krankheiten verantwortlich sein. Auch sollte man unterscheiden unter Furcht, Angst, Phobie und Ängstlichkeit und Deprivationssyndrom (Hospitalismus) bei den betroffenen Hunden. 

Hat man einen ängstlichen Hund übernommen, benötigt  der Hund erst mal Vertrauen in die neue Bezugsperson, er muss lernen, dass er ihr vertrauen kann, das ist aber oft ein langer Weg. Sie müssen lernen, in Krisensituationen souverän aufzutreten, damit der Hund nicht denkt, mein Mensch hat auch Angst, er weiß nicht, was er tun soll. Zu viele "Neins" und Pfuis" verstören ihn genauso. Trostworte flößen ihm oft Angst ein, weil er den veränderten Tonfall, Ihre mitleidigen Worte, mit denen Sie ihn beruhigen wollen, als Vorbereitung auf eine bedrohliche Situation erkennt. Weder mit Trost noch mit Härte können Sie ihn aus der Reserve locken. Bitte bedenken Sie, wenn Angsthunde sich einem entsprechend großen Druck gegenübersehen, könnten sie einen Fluchtversuch unternehmen, ungewollt Harn lassen oder sogar beißen, wenn sie sich in die Enge getrieben fühlen

Angst behandeln:
Ist die Ursache für die Angst oder Furcht bekannt, ist es hilfreich, den Hund langsam an die Hauptursache heranzuführen und ein ruhiges Verhalten zu belohnen. (Belohnungen können für den Angsthund vielfältig sein, dabei ist zu beachten, dass ein gestresster Hund oftmals kein Futter mehr aufnehmen kann) Diese Methode wird als Desensibilisierung bezeichnet!

Zuerst muss man wieder von vorn anfangen.

Es sind ganz wichtige Grundlagen bei einem Angsthund wichtig, das heißt auch, er muss in der Desensibilisierungsphase einen streng geregelten Tagesablauf bekommen, damit eine Grundlage für die innere Sicherheit geschaffen wird. Wenn der Hund sich an einen geregelten Tagesablauf gewöhnt hat, können Sie vorsichtig darangehen, seine Angst in bestimmten Situationen zu verringern.  Führen Sie dazu den Angstauslöser in stark vermindertem ausmaß in seinen Alltag ein.

Tipps für ein erfolgreiches Training:
Suchen Sie sich einen guten Trainer, der langjährige Erfahrung mit den verschiedensten Hunderassen bzw. Mischlingen und Auslandshunden hat, der mit Ihnen eine Anamnese erstellt, damit Sie für sich und Ihren Hunde einen für Sie speziell zugeschnittenen Trainingsplan erhalten. Gute Trainer und Verhaltenstherapeuten haben langjährige Erfahrung mit den verschiedensten Hunderassen bzw. Mischlingen und Auslandshunden,  bilden sich regelmäßig fort und legen größten Wert auf problemspezifisches Training bzw. individuelle Verhaltenstherapie und nicht auf DIE (manchmal sogar patentierte!) Methode.
Sie lehnen jede Form von Starkzwang oder Gewalt ab und nehmen sich besonders viel Zeit für die Zweibeiner und ihrem betroffenen Hund.

Mir liegt dieses Thema persönlich sehr am Herzen, da ich selbst durch die Tierschutzarbeit mit vielen ängstlichen Auslandshunden und meinem extrem ängstlichen Tierheimhund viel Erfahrung sammeln musste und viel zu diesem Thema gelernt habe.

Leider gibt es noch viel zu viele Hundetrainer, die diese Thema sehr stark in den Vordergrund stellen, Versprechungen anpreisen und die schlimmsten Methoden bei ängstlichen Hunden anwenden. Auch 30 jährige Hundeerfahrung kann nicht helfen, wenn man sich nicht mit der Biologie und Psychologie von Angsthunden auseinander setzt. Lassen Sie sich nicht verunsichern, wenn Ihnen eingeredet wird, dass ihr Hund nur nicht gut erzogen ist und er die Angst verliert, wenn er besser bei Fuß geht. Bestrafung, intensives Tadeln oder raue Methoden in der Ausbildung – ohnehin für jegliche Situation ungeeignete Techniken wie Leinenrucken, Kadavergehorsam sowie Unterwerfung des Hundes fördert nicht seine Angst zu überwinden, das Gegenteil wird der Fall sein (leider habe ich das auf ein unprofessionelles Seminar erleben müssen).

Bitte geben sie ihren Hund nicht in die Obhut eines Trainers, wenn dieser verspricht, die Angst abzutrainieren.  Ihr ängstlicher Hund muss mit IHNEN gemeinsam unter Anleitung lernen, seine Angst abzulegen oder in erträglichen Bahnen zu lenken.  

Mit kompetenter und fachlicher Begleitung, Rücksicht, viel Zeit, realistisch gesteckten Zielen sowie Verständnis und Geduld gibt es aber auch für besonders ängstliche Hunde Chancen auf eine erfolgreiche Therapie, die zwar oft Wochen oder Monate dauern kann, eine Mühe die sich  lohnt!!